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Allgemein

Ökobilanzen

Allgemeines

“Ökobilanz”, “Umweltbilanz” oder im Baubereich auch “Lebenszyklusanalyse” (engl.: Life Cycle Assessment, kurz LCA) ist eine international standardisierte Methode zur Analyse der Umweltauswirkungen von einzelnen Produkten, Materialien und Produktsystemen. 

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Sie beschreibt die systematische, ganzheitliche Analyse und Bewertung (ggf. im Vergleich) der Umwelteinwirkung von Produkten von der Herstellung bis  zur Entsorgung - “cradle-to-grave” (von der Wiege zum Grab) - oder bis zum Recyclingprozess - “cradle-to-cradle”.

Geschichte

Geschichtlicher Hintergrund

Die erste vergleichbare ganzheitliche Analyse eines Produktes wurde Ende der 60er Jahre von der Firma Coca-Cola beauftragt. Auch wenn diese Studie eher ökonomisch als ökologisch motiviert war, wurde dabei erstmals mehrere Aspekte in der Produktion eines Produktes miteinbezogen, wie wir es heute von der Ökobilanzierung kennen.

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In den späten 1970er-Jahren entwickelten sich in der Schweiz und anderen europäischen Ländern Methoden zur Analyse von Umwelteinwirkungen eines Produktes, die den Begriff “Ökobilanzierung” prägten und verbreiteten. 

 

Zu Beginn der 1990er-Jahre kam es erstmals zu internationaler Zusammenarbeit, zirka zu dieser Zeit wurde eine erste Anleitung zum europäischen Umweltzeichen zur Kennzeichnung umweltfreundlicher Produkte und Dienstleistungen veröffentlicht. 

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Die Ökobilanzierung gewann immer mehr an Bedeutung, und 2006 wurden schließlich mit der ISO 14040 und der ISO 14044 die Normierung der Ökobilanz veröffentlicht.

Ziele & Anwendungsgebiete

Ziele & Anwendungsgebiete

Das Hauptziel der Ökobilanzierung besteht aus dem Gewinn von Umweltinformationen zu Produkten und Produktgruppen unter Einbezug ökologischen Wissens. Außerdem soll die Umweltleistung optimiert und dadurch die Umweltbelastung reduziert werden. Die Ökobilanz findet somit direkte Anwendung in der Entwicklung und Verbesserung von Produkten und fördert sowohl die strategische Planung, als auch umweltfreundlichere, politische Entscheidungsprozesse.

Aufbau

Aufbau

Der Ablauf der Ökobilanzierung ist in der ISO EN 14040 und ISO EN 14044 definiert und gliedert sich in vier Phasen:

1. Phase: Definition von Ziel und Untersuchungsrahmen

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2. Phase: Sachanalyse

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3. Phase: Wirkungsabschätzung

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4. Phase: Auswertung / Interpretation

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Bei der Erstellung einer Ökobilanz handelt es sich um einen iteraktiven Prozess; Zwischenergebnisse werden immer wieder mit den Informationen anderer Phasen in Relation gesetzt. Die Anfertigung einer Ökobilanz ist daher kein linearer Prozess, sondern vielmehr ein zeitgleiches Bearbeiten der vier Phasen.

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1.      Definition von Ziel und Untersuchungsrahmen

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In der ersten Phase werden das Ziel und die Rahmenbedingungen der Ökobilanz definiert, welche die Grundlage für das weitere Vorgehen bilden.

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Das Festlegen der Systemgrenze beschließt den Betrachtungsraum des Untersuchungsobjekts. Diese Festlegung wirkt sich stark auf das Ergebnis der Ökobilanz aus und muss daher mit hohem Detaillierungsgrad festgehalten werden. Systemgrenzen können beispielsweise geografische Gebiete, Zeitspannen oder sonstige Gegebenheiten sein.

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2.      Erstellen der Sachanalyse

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Aufbauend auf den Festlegungen der ersten Phase, beinhaltet die Sachbilanz eine genaue Input- und Output-Analyse innerhalb der definierten Rahmenbedingungen. Die Analyse untersucht die Masse- und Energieflüsse aller verwendeten Materialien sowie deren Prozessketten.

 

 

 

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3.      Wirkungsabschätzung

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In der dritten Phase, der Wirkungsabschätzung, wird die Datensammlung der Sachanalyse auf wenige Parameter komprimiert und in Wirkungskategorie unterteilt.


Die ISO EN 14040 / ISO EN 14044 schaffen die Rahmenbedingungen für das Vorgehen und so gibt es verschiedene Bewertungsmethoden (z.B. CML 200, EcoIndicator 99, ReCiPe 2009), die in dieser Phase genutzt werden können. Die Methoden erfassen die Umweltauswirkungen des Untersuchungsgegenstands und teilen diese wiederum in Wirkungskategorien ein. 

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Die Bewertungsmethoden sind in der Vorgehensweise sehr unterschiedlich - Allgemein ist zwischen teilaggregierenden  und vollaggregierenden Methoden zu unterscheiden. Während sich erste vor allen auf die Wirkungskategorie beziehen, geht zweitere tiefer ins Detail und erfasst auch die Schadenskategorie (siehe Abbildung).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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4.      Auswertung / Interpretation

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In der letzten Phase werden die Ergebnisse der Ökobilanz in den Gesamtzusammenhang gestellt. Daraus entstehen Schlussfolgerungen und Empfehlungen, welche in einem Bericht des Bilanzierers festgehalten und vor dem Hintergrund der Zielfestlegungen in Phase 1 ausgewertet werden.

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Aus der Auswertung der Ökobilanz entstehen wiederum weitere Vorgehensmöglichkeiten. Zumeist sind diese bereits in der Zielsetzung bedacht und werden oftmals vom ‘Auftraggeber’ formuliert. Sie reichen von der Produktverbesserung, Marketing-Strategien bis hin zu politischen Entscheidungsprozessen.

​Aufgrund der oftmals vorkommenden Undurchsichtigkeit der zu untersuchenden Masse- und Energieströme, werden LCI-Datenbanken (Life Cycle Inventory) zugezogen. Diese beinhalten Sammlungen aller bekannten Strömungen von verschiedenen Produkten bzw. Komponenten. Auch die entstehenden Emissionen und Abfälle werden hierbei miteinbezogen (siehe Abbildung).

Abb. 3.png
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Abb. 7.png
Durchführung

Durchführung

Die Ökobilanzierung betrachtet den Verlauf eines Produktes von der ursprünglichen Substanz bis zum Endresultat. Um diesen Prozess genau errechnen zu können, müssen viele unterschiedliche Faktoren miteinbezogen werden. Da dies ein komplexes Unterfangen darstellt, werden verschiedene Softwares angeboten, die das Errechnen der Ökobilanz vereinfachen.

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1. Datenbanken

 

Alle Softwares arbeiten mit Hilfe von individuell vorgespeicherten Datenbanken, die dazu beitragen, dass ein simpleres und benutzerfreundliches Kalkulieren der Ökobilanz ermöglicht wird.


Viele Datenbanken stehen unabhängig von der Software zur Verfügung; einige davon sind gebührenfrei. Zu diesen frei verfügbaren Datenbanken gehören die ELCD (European Reference Life Cycle Database of the JRC), die NREL (National Renewable Energy Laboratory DB) und die NEEDS (New Energy Externalities Developments for Sustainability).


Kostenpflichtig dagegen ist die weltweit führende Datenbank ecoinvent DB, welche mehr als 9000 generische Datensätze zur Energiebereitstellung, Transport, Chemikalien, Werkstoffen und Fertigungsprozessen enthält.

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2. Softwares

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Sogenannte Ökobilanz-Softwares sind auf die Integration von einer großen Menge an Daten ausgelegt. Diese können dort einzeln erfasst und in die Software übertragen werden oder aus den bereits vorhandenen Datenbank automatisch über eine Schnittstelle eingespeist werden.

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Softwaresysteme wie SimaPro, GaBi sowie Open LCA sind marktführend, und ermöglichen die Durchführung von Ökobilanzen.

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