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Allgemein

Stroh und Gräser

Allgemeines

Definition

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Stroh besteht aus den trockenen Halmen und ausgedroschenen Ähren von Getreide.

Stroh, in Österreich vor allem Weizenstroh, fällt in der Landwirtschaft als Nebenprodukt bei der Getreideernte an. Zur einfacheren Handhabung wird Stroh üblicherweise zu Quader- oder Rundballen gepresst.

 

Stroh ist, im Gegensatz zu Heu, kein Nahrungsmittel für Tiere. Heu ist durch Trocknen haltbar gemachtes Gras, welches als Tierfutter verwendet wird.

Gras ist eine in verschiedenen Arten fast auf der ganzen Welt vorkommende Pflanze mit langen schmalen Blättern und unscheinbaren, als Ähren oder Rispen ausgebildeten Blüten. Verwendet wird Gras z.B. als Tierfutter (frisch, siliert oder getrocknet). Im Bauwesen fand Gras in der Vergangenheit seinen Einsatz getrocknet als Dachdeckung, heute lebend als Dachbegrünung.

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Geschichtliche Einordnung

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Die ersten bekannten Gebäude mit Wänden aus Strohballen entstanden um 1900 in den „Sandhills“ in Nebraska, Nordamerika, wo nordamerikanische Siedler Stroh als tragendes Baumaterial verwendeten, da kaum Holz verfügbar war. Sie verbauten die Strohballen als Lasttragende Elemente wie riesige Mauersteine. In Nordamerika wurden Strohballen auf diese Art bis in die 1940er-Jahre verwendet, und, wie noch heute üblich, direkt mit Zement oder Lehm verputzt.

 

Nachdem die Strohballenbauweise weitgehend in Vergessenheit geraten war, erlebte sie ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Renaissance, was auf den 1973 in Nebraska erschienenen Artikel „Baled Hay“ vom Autor Roger Welsch zurückgeführt wird.

Daraufhin wird in Nordamerika und Kanada  nach und nach wieder intensiver angefangen, mit Strohballen zu bauen, was langsam dazu führte, dass diese Bauweise auch in anderen Teilen der Erde wieder eingesetzt wurde.

 

Der älteste bekannte Strohballenbau Europas, das Wohnhaus „Maison Feuillette“, wurde im Jahr 1920 in Montargis, Frankreich errichtet. Das tragende Holzskelett wurde mit Strohballen ausgefüllt und anschließend verputzt. Heute befindet sich in dem noch gut erhaltenen Gebäude das nationale Strohballenbauzentrum Frankreichs.

 

In Deutschland wurde, bevor der „Fachverband für Strohballenbau Deutschland“ (FASBA) 2002 gegründet worden war, bis auf einige Pionierbauten kaum mit Strohballen gebaut.  

Die FASBA hat es sich zum Ziel gemacht, die „Anerkennung und Verbreitung des Strohballenbaus zu fördern“. Es wurde ein „Standard für fachgerechten Strohballenbau“ geschaffen, die „Strohbaurichtline 2014“, welche 2019 überarbeitet wurde. Der FASBA gelang es, eine „bauaufsichtliche Anerkennung für Strohballen als Baustoff“ zu erwirken.

Die FASBA schätzt im Jahr 2020, dass es in Deutschland derzeit ca. 900-1.500 strohgedämmte Gebäude gibt.

Seit 2006 sind Baustrohballen unter dem Produktnamen „Baustroh“ als Wärmedämmstoff vom Deutschen Institut für Bautechnik zugelassen. Sie dürfen „im Sinne der Landesbauordnungen im Bereich von Wänden, Decken und Dach“ verwendet werden. Außerdem kann Baustroh als Putzträger und als  wandbildender, ausfachendes Baumaterial verwendet werde.

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Mittlerweile ist in Deutschland eine Genehmigung für den Bau von direkt verputzten, bis zu dreigeschoßigen Strohgebäuden einfach möglich.

Nach dem 2017 ausgestellten Prüfzeugnis der Europäischen Zulassung erreichen Baustrohballen die Baustoffklasse E (normalentflammbar) und dürfen somit regulär als Baustoff eingesetzt werden, was das Material auch für Sanierungsvorhaben relevant werden lässt.

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In der Landwirtschaft fällt Stroh beim Getreideanbau ohnehin ohne zusätzlichem Aufwand als Nebenprodukt an und wird seit Jahrzehnten zur leichteren Handhabung maschinell zu Ballen gepresst, welche sich direkt und ohne großem Aufwand verbauen lassen.

In der Landwirtschaft wird das anfallende Stroh üblicherweise als Einstreu verwendet oder als  Humusbildner auf Ackerflächen belassen.

 

Durch das immer relevanter werdende Thema des Klimaschutzes kommt dem Einsatz von nachwachsenden, pflanzlichen Materialen, welche Kohlenstoff binden, immer mehr Bedeutung zu. Zudem ist Stroh ein einheimischer Rohstoff, welcher in nennenswerten Mengen vorkommt und zudem ohnehin als Nebenprodukt anfällt, also nicht extra produziert werden muss.

Ein Vorteil von Stroh als Dämmmaterial ist, dass es in der Herstellung und Verarbeitung im Gegensatz zu den meisten üblichen Dämmmaterialien kaum Primärenergie benötigt.  

Richtig angewendet können Wärmedämmungen aus Stroh jahrzehntelang nutzbar sein.

 

Außerdem hat Stroh als Rohstoff den Vorteil, dass es, richtig eingesetzt, nach der stofflichen Nutzung, z.B. als Wärmedämmung, anschließend noch zur Energiegewinnung weiter genutzt werden kann, zum Beispiel für die Herstellung von Biokraftstoffen. Diese weiterführende Verwendung von Stoffen in mehreren Abschnitten wird als Kaskadennutzung bezeichnet.

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Herstellung

Herstellung

Für die Herstellung ist kein zusätzlicher Energieaufwand notwendig, da Stroh in der Landwirtschaft als Nebenprodukt ohnehin anfällt. Die Verwendung von Stroh als Dämmstoff gilt dabei als besonders ressourcen- und energieeffizient. Stroh benötigt im Herstellungs- und Verarbeitungsprozess im Gegensatz zu vielen anderen Dämmmaterialien kaum Primärenergie, erlaubt eine ausgezeichnete, über Jahrzehnte nutzbare Wärmedämmung von Gebäuden und gestattet letztlich mit der energetischen Nutzung am Lebensende zusätzlich noch die Gewinnung erneuerbarer Energie.

 

Zur Herstellung werden mit einer geeigneten Strohballenpresse direkt auf dem Acker Baustrohballen mit erforderlicher Dichte gepresst. Der Feuchtegehalt der Ballen darf maximal 15 % betragen. Bei fachgerechter Verarbeitung wird dieser Wert nicht überschritten, wodurch das Stroh sicher vor Schädlings- und Schimmelbefall geschützt ist. Eine chemische Behandlung der Strohballen ist daher nicht notwendig.

 

Bei der Konstruktion eines Strohballenbaus muss besonders auf wirksamen konstruktiven Feuchteschutz geachtet werden, da feucht gewordene Strohballen ihre Dämmwirkung verlieren und der biologische Abbau (Verfaulen) beginnt. Auf einen ausreichenden Dachüberstand sowie eine Feuchtigkeitssperre gegenüber dem Boden, zum Beispiel durch ein Punktfundament, ist in jedem Fall zu achten.

Der ideale Putz eines Strohballenhauses besteht aus einem Grundputz aus Kalk mit einem Abrieb aus Lehm, da dieser eindringende Feuchtigkeit rasch aufnehmen und später wieder abgeben kann.

 

Die Außenwände werden entweder als hinterlüftete Fassade ausgeführt, zum Beispiel als Holz-oder als Putzfassade. Die Hinterlüftung bewirkt einen Kamineffekt, der eine dauerhafte Austrocknung gewährleistet und im Sommer einer Überhitzung durch Sonneneinstrahlung entgegenwirkt. Das Stroh muss in vielen Ländern direkt mit einem Material abgedeckt sein, das einem Brandwiderstand EI30 entspricht. In diesen Ländern darf kein Zwischenraum zwischen Stroh und Fassade sein, das heißt, keine direkte Hinterlüftungsebene über dem Stroh.

 

Wichtig ist, dass während des Transports und Lagerung der Strohballen diese während des gesamten Bauprozesses vor Regen geschützt werden müssen. Die Lagerung der Strohballen erfolgt daher auf trockenen Untergrund ohne Kontakt zum Erdreich (zum Beispiel auf Paletten). Beim Einbau der Strohballen müssen auch die Wände vor Regen geschützt und gegebenenfalls abgedeckt werden. Je nach Bauweise können die Wände auch in einer Halle vorgefertigt und anschließend als Fertigteil zur Baustelle geliefert werden.

Bauphysik

Bauphysikalische Eigenschaften

Brandschutz

 

Baustoffe dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn sie mindestens in die Baustoffklasse B2 – normal entflammbareingeordnet werden können. Baustroh erreicht diese Anforderungen, sofern die Mindestrohdichte von 85 kg/m³ nicht unterschritten wird.

Graszellulosefasern werden bei der Trocknung in einem speziellen Verfahren und unter Zusatz von Boraten brandsicher gemacht (Baustoffklasse B2).

 

Die Entzündbarkeit an der Oberfläche kann aber auch durch eine Putzbekleidung herabgesetzt werden (zB Lehmputz). Ebenfalls ist es auch möglich durch Beplankung der Strohkonstruktion die Brandgefahr zu minimieren (zb mit Gipskartonplatten).

Direkt verputzte strohgedämmte Wände weisen einen beachtlichen Feuerwiderstand auf. Eine tragende strohgedämmte Holzständerwand mit mind. 8mm Lehmputz kann einer Vollbrandbelastung mind. 30min standhalten, mit Kalkputz auch länger. Wird die Strohballenwand beidseitig mit 3cm Lehm verputzt, ist bereits ein Feuerwiderstand von über 90 Minuten gegeben.

Das aktuelle Prüfzeugnis umfasst sowohl einen Wandaufbau mit beidseitigem Lehmputz oder innenseitigem Lehmputz und außenseitigem Kalkputz für eine F30-B-Klassifizierung als auch mit einem beidseitigen Kalkputz für eine F90-B-Klassifizierung. Eine durchgängige einlagige Putzschicht ist jeweils ausreichend. Bei Außenwänden in bis zu dreigeschossigen Gebäuden bis zur Gebäudeklasse 3 genügt in der Regel F30-B.

Auf der Baustelle müssen gelagerte sowie eingebaute, aber unbekleidete Strohballen sowie loses Stroh vor Feuer und Funkenschlag geschützt werden.

 

Wärmeschutz

 

Stroh speichert Wärme und bewirkt so einen guten sommerlichen Wärmeschutz. Der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit bei Baustroh in gepressten Ballen liegt bei λ = 0,048 W/mK. Stroh als Einblasdämmstoff und auch Zellulosefasern aus Wiesengras liegen bei λ = 0,043 W/mK.

Grundsätzlich ist darauf zu achten, die Strohhalme senkrecht zur Wärmestromrichtung auszurichten, da der Wärmschutz ansonsten wesentlich schlechter ist.

Strohgedämmte Bauteile erreichen U-Werte von 0,155 W/m²K und darunter. Übliche Anforderungen werden damit erfüllt oder übertroffen und es können somit auch Passivhäuser in Strohballenbauweise realisiert werden.

Die spezifische Wärmekapazität von typischem Getreidestroh beträgt c = 2,0 kJ/kgK und der spezifische Strömungswiderstand von Baustroh kann mit Rs = 181 Pa s/m angenommen werden.

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Vor/Nachteile

Vor- & Nachteile

Vorteile

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jährlich nachwachsend

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regional verfügbar

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speichert im Wachstum CO2

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braucht kaum Primärenergie (im Gegensatz zu anderen Dämmstoffen)

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am Ende energetisch nutzbar→ Kaskadennutzung

 

kompostierbar

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fällt ohnehin an (Nebenprodukt)

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braucht keine zusätzlichen Anbauflächen

 

relativ leichte Handhabung in Ballenform

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Nachteile

 

feuchteempfindlich 

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funktioniert nur wenn fachgerecht und fehlerfrei verbaut

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entflammbar (muss verputzt oder verkleidet werden)

Baustoffe

Baustoffe

Dämmstoff

 

Stroh ist ein guter Naturdämmstoff und ein Baustoff, der einfach schon da ist – ohne weiteren Herstellungs- und Energieaufwand, regional und ohne zusätzliche Umweltbelastungen. Dämmen mit Stroh ist eine der ökologischsten Arten, ein Gebäude zu dämmen. Es ist aufgrund seiner natürlichen Beschaffenheit diffusionsoffen, was dem Material als Dämmstoff zugute kommt. Strohdämmungen enthalten keinerlei chemische Zusätze, sodass sowohl der Einsatz als auch die Verarbeitung unbedenklich für die Gesundheit sind. Ist Stroh vor Witterung und Nässe geschützt, verspricht der Dämmstoff eine lange Lebensdauer.

 

Eine weitere Besonderheit von Stroh als Dämmung ist die Vielfalt möglicher Einsatzbereiche. So wird der Stoff zur Dämmung von Dächern verwendet. Aufgrund seiner Schallschutzeigenschaften wird die Dämmung aber auch für Fußböden eingesetzt. Auch das Auffüllen von Hohlräumen an Fenstern und Türen sowie die Dämmung mittels Einblasverfahren ist beliebt. Besonders bei Fachwerkhäusern bietet sich die Dämmung mit ganzen Ballen an, die zwischen die einzelnen Streben gelegt werden können.

 

Rohstoffe zur Herstellung von Strohdämmungen sind Roggen, Weizen, Hafer und Gerste. Die Halme der Pflanzen werden mittels Mähdrescher vom Korn getrennt und getrocknet. Somit entsteht Stroh als Nebenprodukt bei der Kornernte, was das Material besonders nachhaltig macht. Es gibt verschieden Techniken, Stroh als Dämmstoff zu verwenden. Sie können in Form einer Einblasdämmung, als Ballen oder Platten verarbeitet werden.

 

Bei ISO-Stroh handelt es sich um eine einblasfähige Dämmung bestehend aus 100% Weizenstroh, unbehandelt und frei von jeglichen Zusatzstoffen. Das Stroh wird aus der unmittelbaren Umgebung der Produktionsstätte, wo es zerhäckselt wird, bezogen. Ziel der Entwicklung von ISO-Stroh war es, den Einbau von Stroh soweit wie möglich zu vereinfachen, ohne dass es dabei seine positiven Eigenschaften verliert: die Dichte, den guten Brandschutz und die hervorragende Dämmleistung im Sommer. Durch einen genau abgestimmten Luftstrom werden die Fasern mit einem definierten Druck schnell und sicher in das Bauteil eingebracht. Das Material wird mit einer Einblasmaschine verarbeitet. Das heißt, dass über einen langen Schlauch mittels Luft die ISO-Stroh-Fasern durch eine Düse in das jeweilige Bauteil eingeblasen und verdichtet werden. Dieser Prozess gewährleistet, dass die Bauteile vollständig und ohne jede Lücke ausgefüllt werden. Auch Installations- und Elektroleitungen werden so komplett umschlossen. So entsteht eine perfekte setzungssichere Dämmung gegen die Kälte des Winters und die Hitze des Sommers. Die Kapillare im Stroh sorgen zudem für einen guten Feuchtigkeitsausgleich, und durch die hohe Dichte bietet es einen sehr guten Schallschutz.

 

Grundsätzlich gibt es auch die Möglichkeit des lastabtragenden Einsatzes von Baustrohballen. Dabei wirken Druckkräfte auch direkt auf die Ballen – zum Beispiel das Gewicht des Daches. Wenn man ein ganzes Haus aus Stroh baut, werden quaderförmige Großballen aus gepresstem Getreidestroh wie Mauersteine aufeinandergesetzt. Sie übernehmen dann die vertikalen Lasten von Dach und Decken, man spricht von einer "lasttragenden Konstruktionsart“. Auf diese Weise lassen sich tragende Außenwände konstruieren. Die bauaufsichtliche Anerkennung bezieht sich auf die Verwendung als Ausfachung in einer Holzkonstruktion. Die Strohballen selbst dürfen also nicht druckbelastet werden.

 

Wesentlich häufiger findet sich bei einem Strohhaus dagegen Stroh als Dämmmaterial in den Wänden. Die Strohballen werden zur Ausfachung von wandbildenden Holzständerwerken verwendet. Das nennt sich dann "ausfachende Konstruktionsart“. Beim zugelassenen nicht-lasttragenden Strohballenbau dienen die Ballen als Wärmedämmung, ausfachender Baustoff und Putzträger. Sie übernehmen aber keine statischen Funktionen, das ist die Aufgabe des Holzständerwerks.

 

Eine ökologische Alternative zum herkömmlichen Innenausbau mit Gipskarton bieten die Strohbauplatten. Diese bestehen im Kern rein aus komprimiertem Getreidestroh, welches durch ein Strangpressverfahren ohne weitere Bindemittel hochfest verdichtet wird. Bei der Herstellung wird das Stroh unter enormem Druck und hohen Temperaturen verpresst. Die Strohzellulose sorgt dabei für eine dauerhafte Verklebung der Halme miteinander und funktioniert somit als alleiniges Bindemittel. Durch die hohe Druck- und Temperatureinwirkung werden alle Sporen und Keime abgetötet und es entsteht ein Schutz vor Schädlingsbefall. Für die Stabilität und zum Schutz der Stohplatten werden sie nach der Pressung allseitig mit Recyclingkarton beschichtet. Die Verbindung von Stroh und Karton erfolgt mithilfe von Weißleim. So entsteht eine stabile Platte, die sich einfach und schnell montieren lässt. Auf eine Unterkonstruktion kann durch die hohe Traglast verzichtet werden. Durch die Dicke der Strohbauplatten können gute Schall- und Wärmedämmeigenschaften erzeugt werden. Lehm-, Kalk- und Gipsputze können dann direkt nach Montage der Platten und Spachtelung der Stöße aufgebracht werden. Ebenso kann die Platte auch unbeschichtet geliefert werden, was der Oberflächenqualität von Gipskarton entspricht.

 

Anders als beim Strohballenhaus, wo das Stroh in Ballen direkt verbaut wird ist die Strohbauplatte ein genormter Baustoff, der im Innenausbau als ökologische Alternative zu den Trockenbauplatten Gipskarton- und Gipsfaserplatten sowie als Dämmaterial eingesetzt werden kann. Die Platte kann mit Holzbearbeitungsmaschinen gebohrt, gefräst und gesägt werden. Mittels Profilen oder Schwellenhölzern erfolgt die Montage je nach Anwendungsfall durch eine Verschraubung sowohl der Platten untereinander als auch an Böden, Decken sowie an anschließenden Wänden.

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Lastragender Baustoff

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Als lasttragendes Bauen mit Stroh wird eine Bauweise bezeichnet, bei der ein Bauwerk ganz oder teilweise aus Bauteilen besteht, in denen Strohballen in Wand- oder Gewölbekonstruktionen druckbelastet werden und, meist zusammen mit einer Bekleidung aus Putz, Aufgaben der Standsicherheit des Bauwerks übernehmen. Die Bauweise stammt aus Nebraska und wurde dort ca. 1880 nach Erfindung der Strohballenpresse erstmals eingesetzt. Mittlerweile ist sie weltweit verbreitet. Meist wird hierzulande Weizen- und Roggenstroh verwendet, andernorts auch Reisstroh. Alle Potentiale des Strohballens werden hier effektiv genutzt: Das Stroh ist ökologischer Dämmstoff, Putzträger und statisches Tragwerk in einem.

Weltweit wurden seither viele Gebäude so errichtet, in einigen Bundesstaaten der USA gelten anerkannte Ansätze des Tragverhaltens. Ein mehrjähriges Forschungsvorhaben des Fachverbandes Strohballenbau Deutschland konnte zum lasttragenden Strohballenbau nur eingeschränkt und für Einzelfälle taugliche Erklärungsansätze liefern, so dass ein praxistauglicher Bemessungsansatz hierzulande bislang nicht bereitsteht. Bisheriger Höhepunkt ist der Bau eines dreigeschossigen lasttragenden Strohballenhauses mit mehr als 1m dicken Wänden.

Die Strohballen stammen meist direkt aus landwirtschaftlicher Produktion. Werden kleine quaderförmige Ballen (häufig auch als „Kleinballen“ oder „HD-Ballen“ bezeichnet) in Außenwänden eingesetzt, werden diese wie überdimensionale Mauerziegel im Verband gemauert. Große Quaderballen (häufig als „Quaderballen“oder „Großballen“ bezeichnet) werden sowohl im Verband, als manchmal auch bündig übereinander gesetzt. Die Oberflächen lasttragender Strohballenwände werden mit Lehmputz, Kalkputz oder Kalkzementputz verputzt.

Lasttragende Strohballenbauteile setzen sich unter Last, kriechen und relaxieren über die Zeit stärker als konventionelle Bauteile. Sie tragen Belastungen aus Eigengewichten der Wand selbst, der Decken und Dachbauteile sowie aus veränderlichen Gewichten (Verkehrslasten) ab. Zudem sind häufig auch horizontale Kräfte aus der Aussteifung des Bauteils und des gesamten Gebäudes aufzunehmen. Da Strohballen ein niedriges Elastizitätsmodul aufweisen, d. h. für einen tragenden Baustoff sehr „weich“ sind, müssen in frühen Planungsphasen, bei der Tragwerksplanung und bei der Ausführung Maßnahmen ergriffen werden, um zu hohe oder ungleichmäßige Setzungen und unzulässige Verformungen verhindern. Ungleichmäßige Belastungen, beispielsweise Punktlasten oder inhomogene, etwa mit Öffnungen durchsetzte Lastaufnahmebereiche, können bis zu einem gewissen Umfang durch verstärkte Ringbalken oder Stürze ausgeglichen werden.

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Projekte

Projekte

S-House, Böheimkirchen NÖ

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Das S-House ist ein Demonstrationsprojekt der Gruppe Angepasste Technologie der TU Wien. Es wurde als Veranstaltungsraum und Infozentrum für den NAWARO ENERGIE Betrieb in Böheimkirchen geplant und 2005 fertiggestellt. Der Musterbau soll Möglichkeiten für die Zukunft aufzeigen und durch konsequenten Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen den Energie- und Ressourcenverbrauch senken. Ein ausschlaggebendes Argument für dieses Projekt war die Berechnung des ökologischen Fußabdrucks. Dieser beträgt bei einer Strohwand nur 2364 (m²a/m² Wand) im Gegensatz zu einem konventionelle Wandaufbau mit 24915 (m²a/m² Wand), der in etwa 10 Mal so viel.

Auf Punktfundamenten wurde eine Strohballen-Bodenplatte verlegt, die sich einen halben Meter oberhalb des Erdreichs befindet. Diese besteht aus Holzplatten die durch eine Holzunterkonstruktion miteinander verbunden sind. Die Zwischenräume sind mit Strohballen  ausgefüllt und dämmen somit das Gebäude von unten. Darauf befindet sich die tragende Konstruktion, welche aus aufgestellten Kreuzlagenholzplatten (verleimte Massivholzplatten) besteht und ein geschlossenes rechteckiges Volumen bilden. An diesen Wänden wurden 60 cm dicke Strohballen angeordnet und durch Schnüre, die mit Dübeln an den Holzplatten befestigt sind, stabilisiert. Gleichzeitig sind die Ballen untereinander mit Rundhölzern verbunden um eine höhere Versteifung zu erzielen. Diese Außenhülle wurde anschließend mit Lehm grob verputzt und mit einem Brandschutz versehen, der sich in der Hinterlüftungsebene der Strohwandkonstruktion befindet. Die vorgesetzte Holzfassade wurde mit Holzdübeln auf Staffeln montiert, die mit speziell für diesen Entwurf entwickelten Holzspritzguß-Schrauben an die Unterkonstruktion angeschraubt wurden. Für das Dach wurde eine begrünte Variante verwendet die das Regenwasser speichert und bei starkem Niederschlägen den Abfluss verzögert.

Die Haustechnik wurde nach Effizienz und Recyclierbarkeit ausgewählt und man ersetzte so viele mineralische oder fossile Rohstoffe wie möglich durch nachwachsende Rohstoffe. Die Lüftungskanäle und Kabeltrassen sind in Holz ausgeführt und die Länge der Leitungen wurde auf ein Minimum reduziert. Um das Raumklima aufzuwerten und das Wohlbefinden der Nutzer zu erhöhen wurde Zirbenholz an den Innenoberflächen der Frischluftkanäle verwendet. Obwohl der Bau relativ kostenaufwendig war ist es jedoch ein konsequent nachhaltig ausgeführtes Bauwerk.

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Haus des Lernens, St. Pölten NÖ

 

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Das Haus des Lernens wurde von der GESA Gemeinnützige Sanierungs- und Beschäftigungs GmbH in der Daniel Gran Straße 36 in St. Pölten 2018 errichtet. Es ist ein ökologisch nachhaltiges Gebäude, welches als Ort der Beschäftigung und der Bildung dienen soll. Für den Bau der neuen Bildungs- und Lernwerkstatt wurden bevorzugt regionale Firmen beauftragt, die Baustoffe aus einer Entfernung von maximal 200 km anliefern können und arbeitslose Personen beschäftig. Das Ziel war es den sozialen Zusammenhalt in der Region zu stärken und neue Arbeitskräfte in dem dreigeschoßige Bürogebäude zukünftig auszubilden. Die Räumlichkeiten  beinhalten eine Vielzahl an Büro-/Beratungsräumen sowie Seminar-/ Sozialräumen und bilden daher eine große Flexibilität der Umnutzung.

Die Konstruktion würde aus 90% natürlich nachwachsenden Rohstoffen errichtet und besteht primär aus Holz. Die Ausnahme sind die Bodenplatte und beide Stiegenläufe, welche aus Stahlbeton errichtet wurden. Brettsperrholzelemente bilden den steifen Kern des Gebäudes und wurden von der Produktionsstätte vorgefertigt an die Baustelle geliefert. Nur die Außenwandelemente (Holzständerwände) wurden unbefüllt eingebaut und anschließend mit Stroh ausgefacht. Sie tragen ausschließlich ihr Eigengewicht und sind mit Lehm verputzt, der für ein positives Raumklima sorgt. In den unteren Geschoßen wurde die Fassade mit einem diffusionsoffenen Putzsystem überzogen. Die Dachkonstruktion besteht aus 50 cm hohen Dachbindern aus Brettschichtholz und ist von den Büroräumen aus sichtbar. Die Dachelemente aus Lärchenholz wurden mit Strohdämmung versehen um eine rasche und witterungsunabhängige Montage zu ermöglichen. Zusätzlich wurden EPDM-Dichtungsbahnen in die Dachhaut miteingebaut.

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