Nachhaltiges Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen
Flachs
Allgemeines
Geschichtliche Einordnung
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Bereits vor 6000-8000 Jahren wurde Flachs als Kulturpflanze von den Sumerern und Ägyptern angebaut. Archäologische Funde belegen sogar die Nutzung der Flachspflanze in der jüngeren Steinzeit. Im 16. Jahrhundert wurde die Leinproduktion im mitteleuropäischem Raum wirtschaftlich sehr bedeutend. Die Pflanzen wurde für Kleidung, Kosmetik und Farben genutzt und die Samen selbst als Nahrungsmittel.
Ab dem 18. Jahrhundert begann der Import von Baumwolle. Dieser, aber auch die Verwendung synthetischer Fasern, machte dem Lein Konkurrenz und drängte die Produktion immer mehr in den Hintergrund. Viele Länder stoppten den Anbau der Pflanze.
Heute wird Flachs vor allem in Russland, Belgien, Holland und Frankreich angebaut. In den letzten Jahren erlebt Flachs wieder einen kleinen Aufschwung als nachwachsender, vielfältiger Rohstoff.
Industriell wird der Rohstoff bei der Herstellung von Anstrichfarben, Lacken, Linoleum und Druckfarben verwendet sowie in der Papier-, Leder- und Wachsindustrie. Zudem gilt Leinöl als wertvolles Speiseöl. Auch die Bauindustrie hat sich die Vielseitigkeit von Flachs zu Nutze gemacht. Dieser ist daher in vielen Varianten für die Wärme-, und Schalldämmung ideal
einsetzbar.
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Anbau
Flachs beziehungsweise Lein ist rund 60 bis 100cm hoch und wächst als einjährige Pflanze. Das krautige Gewächs trägt Blätter und hellblaue Blüten. An jedem Blütenstand hängen 5 Blüten. Diese werden durch Selbstbestäubung, manchmal auch durch Insekten etc., bestäubt. Die Samen der Pflanze, von denen sich 6-7 Stück in Kapseln bilden, sind schleimig, abgeflacht und haben eine gelbliche bis bräunliche Färbung.
Flachs ist eine alte Kulturpflanze die schon lange für die Faser-
und Ölgewinnung beliebt ist.
Während aus der Sprossachse die Fasern gewonnen werden, entsteht aus den Samen das Öl. Um die Samen verlustfrei ernten zu können, wurde die Pflanze so gezüchtet, dass die Kapseln nach der Reife geschlossen bleiben und somit der Samen ohne Probleme geerntet werden kann.
Bei der Ernte werden die Pflanzen aus dem Boden gezogen und in Bündel aufgestellt um dann zu trocknen. Danach werden die Samen gedroschen. Die Faserbündel werden von der Sprossachse getrennt. Früher legte man dafür die gebündelte Pflanze auf die Felder, oder in ein stehendes oder langsam fließendes Gewässer. Dadurch konnten pektinzehrende Bakterien
oder Pilze die Mittellamellen der Zellwände trennen.
Heute geschieht dies mithilfe eines chemischen Prozesses. Nachdem der Flachs erneut für 2-3 Wochen getrocknet wird, wird er geklopft und gebrochen. Um lange und kurze Fasern zu trennen wird ein Nagelbrett verwendet. Darüber werde die Faserbündel gezogen.
Bei der rein mechanischen Flachsaufbereitung bleiben überschüssige Kurzfasern übrig. Diese Kurzfasern werden als Ausgangsmaterial für die industrielle Herstellung von Dämmstoffplatten genutzt. Durch den Einsatz von Nadelwalzen werden die Fasern mechanisch gefilzt und anschließend geschichtet, sodass unterschiedlich dicke Dämmplatten entstehen. Um die Stabilität zu gewährleisten, werden Stützfasern oder Bindemittel beigesetzt. Danach werden sie in handliche Formate geschnitten.
Bauphysikalische Eigenschaften
Flachs enthält natürliche Bitterstoffe und ist somit von Natur aus resistent gegen Schädlingsbefall durch Insekten oder Nagetiere, widerstandsfähig gegen Fäulnis und Schimmelbefall. Dämmstoffe aus Flachs sind zugfest und dehnbar und können unbeschadet Feuchtigkeit aufnehmen.
Außerdem besitzen Flachsdämmstoffe eine hohe Formbeständigkeit, sie schrumpfen also nicht im eingebauten Zustand. Flachsmatten lassen sich mit Messer oder Schere auf Maß schneiden. Neben der Verwendung zur Wärmedämmung in Wänden und Dachstühlen eignen sich Flachsdämmstoffe auch zur Schallisolierung. Durch die feuchteregulierenden Eigenschaften der Flachsfaser eignet sich dieser Dämmstoff besonders für eine diffusionsoffene Bauweise. Flachs kann hautsympathisch verarbeitet werden.
Derzeit enthalten Flachsdämmstoffe zum Teil noch Borate als Flammschutzmittel, dadurch ist Flachs nicht mehr kompostierbar. Grundsätzlich können Flachsmatten wiederverwendet werden. Auch sortenrein abgesaugte Hanffasern können in gleicher Funktion wiederverwendet werden.
Vor- & Nachteile
Vorteile
Heimischer und nachwachsender Rohstoff
Kurze Transportwege
Wiederverwendbar und recycelbar
Energiearme Herstellung
Nebenprodukt der Textilindustrie
Einfache Verarbeitung
Sehr guter Wärme- und Schallschutz
Feuchteregulierend
Schimmel- & Fäulnisresitent
Natürlicher Schutz gegen Schädlingsbefall
Zugfest und dehnbar
Hohe Formstabilität
Sehr gute ölologische Werte
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vielseitig einsetzbar
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Nachteile
Bei Zugabe von Boraten als Flammschutzmittel nicht mehr kompostierbar
Teurer als synthetische EPS-Dämmungen
Im konventionellen Anbau werden Herbizide, Fungizide und Insektizide eingesetzt
Flachs und Hanf haben vergleichbare Dämmeigenschaften, im Anbau ist Flachs aufwendiger und somit teurer
Die Dämmung sollte keiner Feuchtigkeit und Witterung ausgesetzt sein
Baustoffe
Die Textilfaser Flachs gehört zu den Bastfasern, die aus dem Stengel der
heimischen Pflanze gewonnen werden. Die Langfasern des Stengels werden in der Textilindustrie zu Leinen verarbeitet. Aus den Kurzfasern, einem Nebenprodukt der Langfasern, werden Flachsdämmstoffe durch mechanische Aufbereitung hergestellt.
Durch den Einschluss ruhender Luft in den Faserzwischenräumen wird die
Dämmwirkung erzeugt.
Beim Einblasen loser Hanffasern muss mit einer hohen Staubentwicklung gerechnet werden.
Dämmplatten und Einblasdämmung werden für Wände, Decken- und Dachausbau eingesetzt. Die Dämmplatten eignen sich besonders als Zwischensparrendämmung und Untersparrendämmung von Dächern, zur Ausfachung von Ständer- und Balkenkonstruktionen sowie zur Außen- und Innendämmung von Außenwänden. Flachsstreifen, Vliese und Schüttung werden vor allem im Fußbodenbereich verwendet. Das Stopfmaterial findet ihren Einsatz für Fenster- und Türenabdichtungen. In der Perimeterdämmung kann Flachs nicht eingesetzt werden.
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Einblasdämmung
Anwendungsbereich
- Fassade
- Dachboden
- Dachschräge
- Mittelwände
Beschreibung
Flachsfloc aus Flachsfasern, welche durch den
Mahlvorgang auf rund 10mm zerkleinert werden
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Flachs-Dämmplatten mit klassischer Bindefaser
Anwendungsbereich
- Wand
- Decke
- Dach
- Fußboden
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Beschreibung
- Anwendung innen & außen möglich
- Einfache und schnelle Verarbeitbarkeit
- gute Schallabsorption
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Flachsschütt
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Anwendungsbereich
- Tragfähige Trittschalldämmung
- Raumfüllende Dämmung
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Trittschalldämmung
- Flachsschütt: lastabtragende Schicht unter dem Estrich
- Besteht aus Flachsschäben (Holzanteil der Pflanze)
- Aufbereitung durch Mahlvorgang auf ca. 5-10 mm
- Wird trocken eingebracht und ist sofort belastbar
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Raumfüllende Dämmung
- Zum Auffüllen von Zwischenböden und Holztramdecken
- Aufbereitung ebenfalls auf 5-10 mm
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